Rundgang durch das E.T.A. Hoffmann-Haus

Auf dem Bamberger Schillerplatz verweist eine große Fahne mit dem Namenszeichen und dem Porträt Hoffmanns auf das schmalbrüstige Haus. Hoffmann bewohnte das Gebäude, es war die zweite Wohnung in Bamberg, mit seiner Frau Michaelina vom 1. Mai 1809 bis zum 21. April 1813, und zwar in der zweiten Etage (Wohnraum, Küche) und im Dachgeschoss (Schlaf- und Arbeitsraum: das Poetenstübchen).

Neben der Gedenktafel von 1908 weist ein Ausleger mit dem Kater Murr auf das Haus hin. Der schreibende Kater wurde nach der Umschlagillustration der Erstausgabe der „Lebens-Ansichten des Katers Murr nebst fragmentarischer Biographie des Kapellmeisters Johannes Kreisler in zufälligen Makulaturblättern“ von Bernd Gecius 2010 zweiseitig in Kupferblech gestaltet, geht also mittelbar auf Hoffmann zurück.

Todesanzeige für den Kater Murr

Die Haustür haben bereits Hoffmann und seine Frau geöffnet; damals noch zweigeteilt, konnten nicht nur Kleine und Schlanke den rechten Flügel bequem benützen. Rechts eine Steintafel von 1930 mit der Inschrift: „E.T.A. HOFFMANN WOHNUNG UND MUSEUM“ vom Verkehrs- und Verschönerungsverein Bamberg, der damals die Öffnung gewährleistete. Das Fenster links zeigt das Selbstbildnis Hoffmanns anstelle einer Unterschrift, dazu die Öffnungszeiten. Es bietet in einer Art Peep-Show-Effekt Einblick auf einen fiktiven Arbeitsplatz und macht neugierig auf den Raum dahinter, das Spiegelkabinett. Unser Bild wurde anlässlich einer Inszenierung des Bamberger E.T.A. Hoffmann-Theaters aufgenommen – Sie brauchen natürlich nicht die Schuhe auszuziehen, um hineinzukommen, auch der „Dolch im Gewande“ ist nicht nötig.

Wenn Sie den schmalen Gang hinter der Haustüre betreten haben, führt links eine Tür in das geheimnisvolle Spiegelkabinett.

Diese Installation ist eine Einstimmung in den Genius loci und die verschiedenen Bereiche des Schaffens Hoffmanns. Das Motto „Ich denke mir mein Ich durch ein VervielfältigungsGlas – alle Gestalten die sich um mich herum bewegen sind Ichs und ich ärgere mich über ihr tun und lassen ppp“ findet sich im Tagebuch vom 6. November 1809. Geboten wird ein optischer Zugang zu den vielfachen „Ichs“ des Künstlers, die sich überlagern und in einander übergehen. Dabei wird der Betrachter in ein Vexierspiel mit einbezogen. Hintergrund ist E.T.A. Hoffmanns Vorliebe für Spiegel-Motive, die sich an vielen seiner Erzählungen ablesen lässt.

Spiegelungen

Audioguide zum Spiegelkabinett:

An der Decke des Erdgeschoss-Gangs nimmt Hoffmanns Bild als Anamorphose des Bamberger Künstlers Wolfgang Müller das Motiv der Ichs noch einmal auf (verwendet in der Abbildung am Kopf dieser Seite rechts). Es gibt dem Besucher gleichzeitig einen Eindruck davon, ein wie großer Geist in einem so schmalbrüstigen Haus wohnte und wirkte.

Am Ende des Gangs führt links eine schmale Holzstiege in das erste Obergeschoss.

Halten Sie auf halbem Weg kurz inne, um das Gemälde an der Wand zu betrachten.
Dank der Ernst von Siemens-Kunststiftung gelang der Erwerb des Porträts von E.T.A. Hoffmanns Onkel Otto Wilhelm Doerffer (1741-1811) von 1770. Das Ölgemälde eines unbekannten Königsberger Künstlers hängt am Treppenaufgang in das erste Obergeschoss. Doerffer vertrat gewissermaßen Vaterstelle, doch spielte ihm der junge Ernst, wie E.T.A. Hoffmann genannt wurde, manchen Streich. Das Bild ist farbig abgebildet und samt Erwerbung beschrieben in: E.T.A. Hoffmann-Jahrbuch 23 (2015) S. 133-139.

Zur Geschichte der Erwerbung des Doerffer-Porträts

Im ersten Obergeschoss ist der große Raum mit Fenstern zum Schillerplatz Hoffmanns Lebensweg von Königsberg bis Bamberg gewidmet. Die Vitrine in der Raummitte enthält Faksimile-Ausgaben (also möglichst getreue Reproduktionen in Originalgröße) der wenigen erhaltenen umfangreicheren literarischen Werke in Hoffmanns eigener Handschrift (Autographe): Der Sandmann (Stiftung Berlin Museum), Meister Martin der Küfner und seine Gesellen (Staatsbibliothek Bamberg) und die Knarrpanti-Teile des Meister Floh (Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin).

Meister Martin der Küfner und seine Gesellen

Audioguide zum Ausstellungsraum im ersten Obergeschoss:

Kehren Sie nun wieder in das enge verwinkelte Treppenhaus mit seiner „hoffmanesken“ Atmosphäre zurück. Auf dem Weg ins zweite Obergeschoss kommen Sie an einer Treppennische vorbei. In ihr sind Illustrationen von P. C. Geissler von 1840 zu „Nussknacker und Mausekönig. Ein allerliebstes Kindermärchen nach E.T.A. Hoffmann oder neueste Bilderlust“ mit einem Scherenschnitt von Wolfgang Müller aus dem Jahr 2009 zu einem Papiertheater verbunden.

Nussknacker und Mausekönig (1840)

Im zweiten Obergeschoss ist der kleine Raum rechts neben der Treppe (die ehemalige Küche) als Loge zu Hoffmanns berühmtester Oper gestaltet, der „Undine“ nach dem Text von Friedrich Baron de la Motte-Fouqué. Hoffmann begann mit der Komposition 1813, als er noch in Bamberg lebte.
Am 3. August 1816 wurde die Oper im Königlichen Schauspielhaus in Berlin erstmals aufgeführt. Die Vorstellung war ein großer Erfolg, nicht zuletzt von Carl Maria von Weber gerühmt.

Audioguide zur Undine:

Die Dekorationen, die vom berühmten Architekten Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) stammten, sind in Reproduktion der erhaltenen Entwürfe zu sehen. Eine Nachzeichnung als Bühnenbild gibt einen Eindruck von ihrer räumlichen Wirkung. Am 29. Juli 1817 vernichtete ein Brand das Berliner Schauspielhaus, die Bühnenbilder und Kostüme.

Audioguide zur Undine:

Der große Raum zur Straßenseite im zweiten Obergeschoss, das ehemalige Wohnzimmer, stellt den Lebensabschnitt Hoffmanns von Bamberg bis Berlin vor. Mit Zeichnungen des Künstlers Michael Knobel (Ebelsbach) ist ein Motiv aus dem „Meister Floh“ im Gedankenmikroskop visualisiert: was die Menschen sagen, steht an einer Vitrine außen, was sie denken (und was der Held, Peregrinus Tyß, in dem Märchen vermittels eines ins Auge gesetzten Mikroskops erkennt), kann der Besucher nachvollziehen, wenn er in das Innere eines Auges des Selbstbildnisses Hoffmanns (mit physignomischen Erläuterungen) blickt. Roland Rothers Poträt E.T.A. Hoffmanns von 1976 vervollständigt das Gedankenmikroskop.

Audioguide zum Obergeschoss:

Die berühmte Öffnung in der Decke vermittelt zu dem darüber liegenden Poetenstübchen. Das „Loch“ diente E.T.A. Hoffmann, wie Carl Friedrich Kunz 1837 überliefert, nicht nur zur Konversation mit seiner Frau, „sondern auch zu allerlei komischen Überraschungen, die er ihr, bald durch das Herabhängen eines langen Handtuchs oder Herabwerfen eines Stiefelpaars und dergleichen bereitete.“ Hans Günter Ludwig hat diese Überlieferung 2011 ins Bild gesetzt.

Wenden Sie sich nun wieder zum Treppenhaus zurück und erklimmen Sie die schmale und steile Stiege, die ins Dachgeschoss führt.

In der Mansarde ist der zur Bergstadt gelegene Raum als Musikzimmer gestaltet. Die Partitur der in Bamberg entstandenen Oper „Aurora“ ist auf einer Tapete und in einem dem Original der Staatsbibliothek Bamberg nachgebildeten Buch reproduziert. Vor der Wand hängt ein Mobile „Hoffmann instrumentiert“, das Hans Günter Ludwig 2012 nach Originalen von Hoffmanns Musikinstrumentendarstellungen im Scherenschnitt neu gestaltet hat.

Partitur der Aurora

Audioguide zum Musikzimmer:

Musikstücke Hoffmanns werden hörbar vermittels einer interaktiven Musikkommode. Beim Herausziehen einer der acht Schubladen sieht der Besucher die meist autographen Noten Hoffmanns (Originale in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz sowie in der Staatsbibliothek Bamberg) und kann so die entsprechende Musik anspielen (im Schrank oben das Undine-Modell des Bamberger Künstlers Robert Bauer-Haderlein).

Musikalien in der Staatsbibliothek Bamberg

Audioguide zum Musikzimmer:

Der kleine Raum über dem Wohnzimmer ist das Poetenstübchen. Dort wurde im November 2010 ein spielbares Tafelklavier von Christoph Ehrlich, Bamberger Instrumentenbauer, der Zeit 1809/1810 aus altem Bamberger Familienbesitz (Andreas Blattner) als Leihgabe aufgestellt, das von J. C. Neupert restauriert worden ist.

Audioguide zum Musikzimmer:

Das Pianoforte Ehrlichs entspricht dem von Hoffmann auf dem bekannten Selbstbildnis als Kapellmeister Johannes Kreisler in Haustracht dargestellten Instrument in der äußeren Gestalt, ist aber schöner verziert. Auf dem Pianoforte Ehrlichs spielte Gerhard Weinzierl drei kurze Stücke von J. S. Bach (Allemande aus Französische Suite in c-moll), E.T.A. Hoffmann (Andante in B-Dur aus Sonate in F-Dur, Ausschnitt) und W. A. Mozart (Thema in F-Dur mit zwei Variationen); die von Michael Vogel gefertigten Aufnahmen können an einer Hörstation abgespielt werden.

Selbstbildnis Hoffmanns als Kreisler

Audioguide zum Poetenstübchen:

E.T.A. Hoffmann schätzte den Wein als Inspirationsquelle für seine Phantasie sehr. Doch was geschah mit den Flaschen, wenn der Inhalt getrunken war? Ein Zeitgenosse berichtet, dass dann Michaelina, des Dichters Frau, diese geleerten „Weinflaschen mit farbigem Papier und Tuch und Blumen auf allerhand Art zu grotesken“ Puppen maskierte, „die er sich so lebhaft als bestimmte Gestalten vorstellte, daß er sich vor ihnen fürchtete und seine Frau zu Hilfe rief, welche die Flaschen wieder entkleiden mußte.“
Stellen wir uns Hoffmann zur späten Nachtstunde in seinem nur von flackernden Kerzen erleuchteten Poetenstübchen vor – umgeben von verkleideten Weinflaschen. Wie nahe mag da die phantastische Welt der realen gerückt sein?
Der Bamberger Künstler Hans Günter Ludwig hat 2017, ausgehend von diesen Überlieferungen, eigene maskierte Flaschen-Kunstwerke geschaffen. Inspiriert von Textstellen aus Erzählungen Hoffmanns hat er Julia Mark, die Gesangsschülerin, unter die Gestalten gemischt.

Audioguide zu Klein Zaches:

Audioguide zum Mönch Medardus:

Audioguide zum Fremden Kind:

Auf dem Rückweg nach unten können Sie im zweiten Geschoss den Vortragsraum besichtigen, in dem von Zeit zu Zeit musikalische Soiréen oder Sonderausstellungen stattfinden.

Im ersten Stock des Rückgebäudes ist die Installation Hoffmann enlighted des Bamberger Künstlers Hans Günter Ludwig zu sehen.

Wenn Sie wieder im Erdgeschoss angekommen sind, können Sie sich am Fuß der Treppe nach links wenden, um die romantische Atmosphäre des Zaubergartens zu genießen.

Wir danken Ihnen herzlich für den Besuch und hoffen, dass er Sie dazu angeregt hat, einmal wieder ein Werk E.T.A. Hoffmanns zu lesen oder zu hören!

Im kleinen Shop können Sie Bücher und CDs erwerben. Der Erlös kommt der Arbeit der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft zugute.

Noch mehr würden wir uns natürlich freuen, wenn Sie die Arbeit der Gesellschaft als Mitglied unterstützen würden.