Der Literat

Hoffmann ist vor allem bekannt als Repräsentant der sogenannten ›Schwarzen Romantik‹ und erhielt aufgrund seiner schauerlichen Texte den Beinamen ›Gespenster-Hoffmann‹. Doch sein literarisches Schaffen ist facettenreicher, als es diese Einordnung vermuten lässt.

Ohne Zweifel sind das Unheimliche, das Abgründige und die Zerrissenheit der Seele der Protagonisten ein markantes Charakteristikum hoffmannscher Werke. Besonders eindrucksvoll lässt sich dies in Texten wie dem Sandmann, den Elixieren des Teufels, in den Kreisleriana oder auch in den Bergwerken zu Falun beobachten. Ein ganzer Forschungszweig der Literaturwissenschaft, die Phantastikforschung, geht auf das Stilmerkmal seiner Texte zurück: In seinem literarischen Werk werden stets einander gegenüberstehende Weltentwürfe zwischen ›Realität‹ und ›Wahnsinn‹ bzw. ›Phantasie‹ verhandelt – und zwar so, dass für den Leser unentscheidbar bleibt, welche dieser Wirklichkeiten die ›gültige‹ ist. Diese Unentscheidbarkeit auf Seiten des Lesers ist nach Tzvetan Tordorov das, was das Phantastische in der Literatur definiert.

Doch ist Hoffmann nicht nur Meister des Phantastisch-Schauerlichen, sondern auch des Phantastisch-Märchenhaften und bekannt für seinen Humor, der sich zwischen subtiler Ironie und plumpem Slapstick bewegt. Seine Märchen Klein Zaches genannt Zinnober und Prinzessin Brambilla, aber auch Die Irrungen werden besonders durch komische Passagen mit viel Körperlichkeit geprägt. Aber auch andere Märchen wie Der goldne Topf, Die Königsbraut oder Nußknacker und Mausekönig zeichnen sich durch subtilen Humor aus.

Besonders häufige Motive, die Hoffmanns literarisches Werk durchziehen, sind das Augen- und Doppelgänger- bzw. Automaten-Motiv. Aber auch die Frage nach dem ›richtigen Sehen‹, das besonders oft den künstlerischen, kindlichen Figuren seiner Texte vorbehalten ist, bestimmt seine Erzählungen und nicht zuletzt den Rahmenzyklus Die Serapions-Brüder, in dem sich die Hauptfiguren gegenseitig literarische Produktionen vortragen und das ›Serapiontische Prinzip‹ zum Fundament dieser Texte wählen. Sie nehmen sich also vor, nur zu Papier zu bringen, was sie zuvor wahrhaft im Innern geschaut haben.

Dieses Serapiontische Prinzip ließe sich auch als Parodie auf das romantische Paradigma der ›progressiven Universalpoesie‹ verstehen. Immer wieder stellt die literaturwissenschaftliche Forschung Hoffmanns Status als Vertreter der Romantik in Frage, weil auch postmoderne Schreibweisen sein Schaffen kennzeichnen. So zum Beispiel die Rebellion der Figuren gegen den Autor in Hoffmanns später Erzählung Die Geheimnisse. Was jedoch unbestreitbar bleibt, ist, dass es sich immer lohnt, sich mit Hoffmanns Werken zu beschäftigen.

Schriften

Das Werk E.T.A. Hoffmanns, auch die Tagebücher, Briefe, musikalischen und juristischen Schriften, ist enthalten in:

E.T.A. Hoffmann: Sämtliche Werke in sechs Bänden (I, II/1 und II/2, III–VI).
Herausgegeben von Hartmut Steinecke und Wulf Segebrecht unter Mitarbeit von Gerhard Allroggen, Friedhelm Auhuber, Hartmut Mangold, Jörg Petzel und Ursula Segebrecht.
Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag 1985-2004.

Die Ausgabe enthält auch die Tagebücher, Briefe, musikalischen und juristischen Schriften, mit Kommentaren und Erläuterungen nach den neuesten Ergebnissen der Forschung.

Diese Ausgabe ist Teil von: Digitale Bibliothek deutscher Klassiker im www (Cambridge: Proquest), die in wissenschaftlichen Bibliotheken konsultiert werden kann.

Das Schriftenverzeichnis beruht auf dem Inhaltsverzeichnis der Gesamtausgabe.

Autographe E.T.A. Hoffmanns sowie andere Dokumente in der Staatsbibliothek Bamberg sind auf den Bamberger Schätzen und im E.T.A. Hoffmann-Portal verfügbar.

Neuere Ausgaben

  • E.T.A. Hoffmann: Meister Martin der Küfner und seine Gesellen. Faksimile und Kommentar. Redaktion: Bernhard Schemmel. 2 Bde. Bamberg: Fränkische Bibliophilengesellschaft 1984
  • E.T.A. Hoffmann: Meister Floh. Die „Knarrpanti-Episode“. Faksimile des Handschriftenteils des Märchens „Meister Floh“ von E.T.A. Hoffmann aus dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin. Nürnberg: ICH Verlag 2003
  • E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann. Historisch-kritische Edition. Hrsg. von Kalterina Latifi. Frankfurt a. M./Basel: Stroemfeld Verlag 2011 (edition Text 9)
  • E.T.A. Hoffmann: Kreisler. Berganza. Magnetiseur. Textkritische Edition. Autographe der Bibliotheca Bodmeriana. Hrsg. von Kalterina Latifi. Frankfurt a. M./Basel: Stroemfeld Verlag 2014 (edition Text 13)

E.T.A. Hoffmann. Leben-Werk-Wirkung. Hrsg. von Detlef Kremer. Berlin, New York: Walter de Gruyter 2009 (de Gruyter Lexikon). Zweite Auflage ergänzt um Zeittafel und Werkregister 2010.